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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 07.07.2006
Aktenzeichen: 19 W 28/06
Rechtsgebiete: GG
Vorschriften:
GG Art. 103 |
2. Setzt sich eine Partei ohne Angabe von Gründen erhebliche Zeit nach Ablauf der ursprünglich von ihr selbst gesetzten Frist eine neue Frist zur ergänzenden Beschwerdebegründung, verletzt eine vor Ablauf dieser Frist ergangene Entscheidung des Gerichts weder den Anspruch auf rechtliches Gehör noch das Gebot des fairen Verfahrens.
Gründe:
I. Das Landgericht hat durch Beschluss vom 09.03.2006 das Befangenheitsgesuch des Klägers wegen der Besorgnis der Befangenheit der Richterin am Landgericht ... als unbegründet zurückgewiesen. Gegen den ihm nach dem 15.03.2006 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 30.03.2006 sofortige Beschwerde eingelegt und diese unter Bezugnahme auf seine bisherigen Schriftsätze und die dienstlichen Stellungnahmen der abgelehnten Richterin begründet. Zugleich hat er angekündigt, eine ausführlichere Begründung der Beschwerde bis zum 15.04.2006 nachzureichen. Mit Schriftsatz vom 04.05.2006 hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers um Akteneinsicht gebeten. Die Geschäftsstelle des Landgerichts informierte sie darüber, dass Akteneinsicht gemäß richterlicher Verfügung gewährt wird. Gemäß Aktenvermerk Bl. 249R d.A. gab die Prozessbevollmächtigte des Klägers an, anrufen zu wollen, falls Akteneinsicht gewahrt wird, meldete sich jedoch bis 15:30 Uhr am 05.05.2006 nicht mehr. Am 09.05.2006 beschloss das Landgericht, der sofortigen Beschwerde des Klägers aus den Gründen der ergangenen Entscheidung nicht abzuhelfen. Mit Schriftsatz vom 22.05.2006 kündigte die Prozessbevollmächtigte des Klägers an, die Beschwerde innerhalb der nächsten 14 Tage abschließend zu begründen. Der Senat hat die sofortige Beschwerde durch Beschluss vom 29.05.2006 zurückgewiesen. Am 02.06.2006 ist ein Schriftsatz des Klägers zur ergänzenden Begründung der sofortigen Beschwerde eingegangen.
Gegen den am 07.06.2006 bei der Prozessbevollmächtigten des Klägers eingegangenen Senatsbeschluss vom 29.05.2006 hat der Kläger mit am 21.06.2006 eingegangenem Schriftsatz "Rechtsbeschwerde analog § 321 a ZPO bzw. Gegenvorstellung" eingelegt. Er rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs, weil die mit Schriftsatz vom 22.05.2006 angekündigte ergänzende Beschwerdebegründung nicht abgewartet worden sei. Auch sei der Senat nicht der zur Entscheidung über die Beschwerde berufene Spruchkörper. Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im angegriffenen Senatsbeschluss sei willkürlich, die Entscheidung sei auch im übrigen fehlerhaft.
II. Der Rechtsbehelf des Klägers ist als Anhörungsrüge anzusehen, die nach § 321 a Abs. 1 S. 1 ZPO statthaft ist. Die Anhörungsrüge ist jedoch nicht begründet. Der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör wird durch den Senatsbeschluss vom 29.05.2006 nicht verletzt. Der Kläger hatte hinreichend Gelegenheit zur ergänzenden Begründung seiner sofortigen Beschwerde.
Allerdings trifft es zu, dass das Beschwerdegericht, wenn eine Partei eine Stellungnahme innerhalb einer von ihr selbst gesetzten Frist angekündigt hat, grundsätzlich diese Frist abwarten oder eine Verkürzung dieser Frist mitteilen muss (Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 571 Rdnr. 15). Dieser Grundsatz ist hier jedoch nicht verletzt. Denn der Kläger hatte bereits bei Einlegung der sofortigen Beschwerde eine weitere Begründung bis zum 15.04.2006 angekündigt, diese Frist aber ohne Angaben von Gründen nicht eingehalten. Er konnte nicht darauf vertrauen, dass durch seine Erklärung im Schriftsatz vom 22.05.2006, die Beschwerde werde innerhalb der nächsten 14 Tage abschließend begründet, eine dementsprechende Begründungsfrist eröffnet wird. Der Schriftsatz des Klägers vom 22.05.2006 ging erst fünf Wochen nach Ablauf der von ihm selbst gesetzten Begründungsfrist ein; er gab auch keine Gründe an, warum sich die beabsichtigte Stellungnahme verzögerte. Derartige Gründe nennt auch der Schriftsatz des Klägers vom 21.06.2006 nicht. Setzt sich - wie hier - eine Partei ohne Angabe von Gründen erhebliche Zeit nach Ablauf der ursprünglich von ihr selbst gesetzten Frist eine neue Frist, verletzt eine vor Ablauf dieser Frist ergangene Entscheidung des Gerichts weder den Anspruch auf rechtliches Gehör noch das Gebot des fairen Verfahrens.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht deshalb, weil der Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht vor der Beschwerdeentscheidung die Akten zur Einsichtnahme zugeleitet wurden. Nach dem Vermerk Bl. 249R d.A. wollte die Prozessbevollmächtigte des Klägers von der ihr angebotenen Akteneinsicht ersichtlich keinen Gebrauch machen. Dementsprechend wurde die nach Erlass der Beschwerdeentscheidung eingegangene ergänzende Beschwerdebegründung auch ohne Akteneinsicht verfasst.
Die Kostenentscheidung zur Gehörsrüge folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die neben der Gehörsrüge statthafte Gegenvorstellung des Klägers hat keinen Erfolg. Die Entscheidung des Senats verletzt nicht den Anspruch des Klägers auf den gesetzlichen Richter. Für den Streitgegenstand der Hauptsache fehlt es nach der Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichts an der besonderen Zuständigkeit eines Zivilsenats. Die Beschwerde wurde dem erkennenden Senat deshalb zu Recht im Wege des sogenannten Turnusverfahrens zugewiesen. Schon deshalb geht die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter fehl.
Die Gegenvorstellung hat auch insoweit keinen Erfolg, als sie sich mit der Beschwerdeentscheidung in der Sache auseinandersetzt. Die Berücksichtigung von neuem Sachvortrag, der erst nach Erlass der Beschwerdeentscheidung bei Gericht eingegangen ist, kommt nicht in Betracht, denn die Gegenvorstellung eröffnet nicht die Fortsetzung des bereits beendeten Beschwerdeverfahrens, sondern dient lediglich der Überprüfung der ergangenen gerichtlichen Entscheidung auf der Grundlage des seinerzeit maßgeblichen Sach- und Streitstandes. Die neu geltend gemachten Ablehnungsgründe und der weitere neue Sachvortrag des Klägers unterliegen deshalb nicht der Beurteilung des Senats.
Die Rüge des Klägers, die Begründung der Beschwerdeentscheidung hinsichtlich der Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richterin wegen ihrer Ablehnung in einem zehn Jahre zurückliegenden anderen Rechtsstreit beruhe auf einer Verletzung des Beibringungsgrundsatzes, geht fehl. Der Beibringungsgrundsatz besagt, dass die Parteien - nicht das Gericht - durch ihr Vorbringen von Tatsachen den Prozessstoff bestimmen. Die Darlegung der konkreten Tatsachen, die die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen sollen, und ihre Glaubhaftmachung gemäß § 44 Abs. 2 ZPO oblag deshalb dem Kläger. Daran fehlte es hier. Die Rüge des Klägers, er sei durch willkürliche Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in seinen grundgesetzlich geschützten Verfahrensrechten verletzt worden, verkennt die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 2 ZPO.
Ende der Entscheidung
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